Wie kann ich Konflikte und Streitigkeiten durch besseres Verhandeln umgehen?
BeitragVielleicht denken Sie beim Wort Verhandeln als erstes an einen Kauf oder Verkauf, oder an eine Gehaltsverhandlung. Doch auch im Arbeitsalltag wird ständig verhandelt:
- mit der Kollegin darüber, ob sie eine Arbeit übernehmen kann
- im Team über Zuständigkeiten und den Umgang miteinander
- mit anderen Bereichen darüber, wie die Schnittstellen funktionieren
- mit dem Mitarbeiter über die Arbeitserledigung
- mit der Führungskraft über den Aufgabenbereich, die Vergütung oder eine Beurteilung
- mit der Personalabteilung über eine Vertragsänderung oder Abfindung
- usw.
Themen wie diese führen schnell zu Konflikten, und während manche Konflikte zu einem konstruktiven Austausch beitragen, sind andere unnötig oder bringen nicht weiter. Durch professionelles Verhandeln können Sie dies geschickt umgehen und Auseinandersetzungen lösen.
Nur wie genau geht das? Die weltweit bekannteste Verhandlungsmethode, das sogenannte Harvard-Konzept, nennt dafür vier Prinzipien, an denen sich besonders erfolgreiche Verhandler:innen orientieren:
Trennen Sie Sache und Person
Das heißt, seien Sie klar und wenn nötig auch hart in der Sache. Sorgen Sie aber für eine gute Gesprächsatmosphäre auf der zwischenmenschlichen Ebene. Überlegen Sie z.B., wann der richtige Zeitpunkt und Rahmen für ein schwieriges Gespräch ist. Was können Sie tun, damit sich Ihr Gegenüber möglichst wohl fühlt? Hören Sie aufmerksam zu und stellen Sie offene und interessierte Fragen.
Und was heißt genau „Sache und Person trennen“? Wenn Sie sich über die andere Person geärgert haben, versuchen Sie sie nicht mit Dingen, um die es in der Sache geht, zu bestrafen. Sagen Sie lieber, dass und warum Sie sich geärgert haben, dass Sie ungeachtet dessen aber jetzt in der Sache eine gute Lösung für beide Seiten finden möchten. Sie würden Sache und Person auch vermischen, wenn Sie – sozusagen im umgekehrten Fall – Zugeständnisse in der Sache machen, in der Hoffnung, dass die zwischenmenschliche Beziehung dadurch besser wird. Überlegen Sie sich vorab Ihre Ziele in der Sache und formulieren Sie diese – freundlich und klar.
Sprechen Sie über Interessen statt über Positionen
Verhandlungen geraten oft in eine Sackgasse, weil beide Seiten Vorstellungen oder Lösungsvorschläge haben, die für die jeweils andere nicht in Frage kommen. Diese Forderungen werden im Harvard-Konzept Positionen genannt.
Beispielsweise sagt die Führungskraft: „Ich möchte, dass Sie die Einarbeitung des neuen Mitarbeiters übernehmen.“ Und die angesprochene Person antwortet: „Nein, das geht nicht. Das ist nicht meine Aufgabe.“ Auf Ebene dieser Positionen lässt sich nur schwer eine Lösung finden, vielleicht maximal ein fauler Kompromiss, wie z.B. „Sie arbeiten den neuen Mitarbeiter ein und wenn es Probleme gibt, können Sie mich ja ansprechen und ich schaue, ob ich unterstützen kann.“
Erfolgreiche Verhandler:innen sprechen stattdessen darüber, welche Interessen bei ihnen hinter der Position liegen. Sie unterhalten sich also über das Warum.
Also: Statt eine Position einfach nur abzulehnen, fragen Sie lieber, warum Ihr Gegenüber das möchte und schildern Sie selbst auch, welche Beweggründe hinter Ihrer Position stecken.
Die Interessen sind immer vielfältiger als die Positionen. In unserem Beispiel können die Interessen der Führungskraft z.B. sein:
- „Mir ist wichtig, dass der neue Mitarbeiter von Ihren Erfahrungen profitieren kann.“
- „Ich bin darauf angewiesen, dass der neue Mitarbeiter schnell einsatzbereit ist.“
- „Ich will mich darauf verlassen können, dass die Anleiterin auch meine Grundphilosophie mit vermittelt.“
Auch bei der angesprochenen Person können sich die unterschiedlichsten Interessen hinter der Position „Nein, will ich nicht.“ verbergen, z.B.:
- „Ich habe schon jetzt für meine anderen Aufgaben zu wenig Zeit.“
- „Ich will erkennen, dass die Aufgaben im Team halbwegs gerecht verteilt sind.“
- „Ich kenne den neuen Mitarbeiter von früher und es wäre eine komische Rolle für mich, wenn ich ihn jetzt anleiten sollte.“
In jedem Konflikt stehen sich Positionen unvereinbar gegenüber. Wenn aber die dahinter liegenden Interessen durch offene Fragen und gutes Zuhören klar werden, dann lassen sich leichter gute Lösungen für beide Seiten finden.
Entwickeln Sie Win-Win-Lösungen
Auch wenn es zunächst unterschiedliche Vorstellungen und keine Einigkeit gibt, vertrauen Sie darauf, dass es Lösungen geben kann, die für beide Seiten passend sind. Es braucht manchmal nur etwas mehr Kreativität, um den Kuchen zu vergrößern. Wenn Sie die Interessen der anderen Person erfragen und verstehen, können Sie auch Vorschläge entwickeln, denen sie zustimmt. Oder Sie fragen die andere Person nach Ideen, wie sich denn auch Ihre (!) Interessen berücksichtigen lassen.
In unserem Beispiel könnte die Führungskraft der bzw. dem Mitarbeitenden zum Beispiel vorschlagen, dass er oder sie einen Teil der anderen Aufgaben an jemand anderen weitergibt, sodass genug Zeit für die Einarbeitung bleibt.
Bewerten Sie Lösungen nach objektiven Kriterien
Überlegen Sie sich vor einem schwierigen Gespräch, welche Daten und Fakten wichtig sind und mit welchen Argumenten Sie einen Lösungsvorschlag bewerten können. Das können z.B. Vergleichszahlen sein, rechtliche Bewertungen oder Beispiele aus anderen Bereichen.
Und zu guter Letzt: Überlegen Sie vor einer Verhandlung stets, was Ihre Optionen sind, wenn Sie sich nicht einigen sollten. Und investieren Sie ruhig noch etwas Gedanken und Zeit dafür, Ihre Nicht-Einigungs-Alternativen zu recherchieren und wenn möglich zu verbessern. Denn je besser Sie auf die verschiedenen Szenarien vorbereitet sind, desto größer ist Ihre Verhandlungsmacht und desto entspannter können Sie in das Gespräch gehen.
Dieser Artikel wurde von Investa Holding erstellt und zuletzt am aktualisiert.